Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten – 2. Haltung – Teil 2

Haltungsformen und -verfahren

Es gibt zwei grundlegende Haltungsformen: Einzelhaltung und Gruppenhaltung.

Beide Formen lassen sich in verschiedene Haltungsverfahren unterteilen (siehe Tabellen1 und 2).

Ziel aller Verfahren:

  • Pferden soll arttypisches Verhalten ermöglicht werden
  • Gesundheit und Entwicklung dürfen nicht beeinträchtigt werden
  • Schäden und Verhaltensstörungen sollen vermieden werden
BezeichnungErläuterung
StänderhaltungAnbindehaltung.
InnenboxEinzelbox in einem Stallgebäude ohne für das Pferd
nutzbare Öffnung nach draußen.
AußenboxEinzelbox in einem Stallgebäude mit einer Öffnung,
durch welche das Pferd Kopf und Hals nach draußen
richten kann (vgl. Abb. 1).
Außenbox mit KleinauslaufEinzelbox in einem Stallgebäude mit ständig zugänglichem,
direkt angrenzenden Kleinauslauf (vgl. Abb. 1).
Mehrraum-Außenbox mit KleinauslaufEinzelbox in einem Stallgebäude mit über den Kleinauslauf
zugänglichem separaten Fressbereich.
Tabelle 1: Einzelhaltung
BezeichnungErläuterung
Einraum-InnenlaufstallGruppenlaufstall im Stallgebäude ohne für die Pferde
nutzbare Öffnung nach draußen (vgl. Abb. 2).
Mehrraum-InnenlaufstallGruppenlaufstall im Stallgebäude ohne für die Pferde
nutzbare Öffnung nach draußen, mit Unterteilung in
Funktionsbereiche (Fress-, Trink-, Ruhe- und evtl.
separater Laufbereich).
Einraum-AußenlaufstallGruppenlaufstall im Stallgebäude mit Öffnung(en),
durch welche die Pferde Kopf und Hals nach draußen
richten können (vgl. Abb. 2).
Mehrraum-AußenlaufstallGruppenlaufstall im Stallgebäude mit Öffnung(en),
durch welche die Pferde Kopf und Hals nach draußen
richten können und mit Unterteilung der Stallfläche in
Funktionsbereiche (Fress-, Trink-, Ruhe- und evtl.
separater Laufbereich).
Einraum-Außenlaufstall mit Auslauf
(Offenlaufstall)
Gruppenlaufstall in einem Stallgebäude mit ständig
zugänglichem, direkt angrenzendem Auslauf (vgl.
Abb. 3).
Mehrraum-Außenlaufstall mit Auslauf
(Offenlaufstall)
Gruppenlaufstall im Stallgebäude mit für die Pferde
ständig zugänglichem direkt angrenzendem Auslauf
und mit Unterteilung der Fläche in Funktionsbereiche
(Fress-, Trink-, Ruhe-, Laufbereich). Der Fress- und
Ruhebereich sind i.d.R. über den Auslauf getrennt (vgl.
Abb. 3).
Weidehaltung mit WitterungsschutzSaisonal oder ganzjährig.
Tabelle 2: Gruppenhaltung

Einzelhaltung

Einzelhaltung in Anbindehaltung

Die dauerhafte Anbindehaltung (Ständerhaltung) von Pferden ist tierschutzwidrig.

Einzelhaltung in Boxen
  • Pferde müssen mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zu Artgenossen haben – auch in Einzelhaltung.
  • Dies wird ermöglicht durch bauliche Maßnahmen wie:
    • permanent zugängliche Kleinausläufe
    • Außenklappen
    • halb zu öffnende Boxentüren

Hinweis: Hochgeschlossene Boxenwände sind nur in Ausnahmefällen zulässig (z. B. Quarantäne, Klinik, Abfohlbox). Auch dann muss über die Frontseite noch Kontakt möglich sein!

  • Unverträgliche Pferde dürfen nicht direkt nebeneinander stehen.
  • Hinweise auf Unverträglichkeit:
    • Häufiges Drohen zum Nachbarn
    • Ausschlagen gegen Trennwand

Abbildung 1 zeigt Beispiel-Boxen mit:

  • Außenklappe (für Sichtkontakt und frische Luft)
  • Kleinauslauf (für Bewegung und Umweltbeobachtung)
Abbildung 1: Außenbox (links) und Außenbox mit Kleinauslauf (rechts).

Gruppenhaltung

Alle Pferde sind grundsätzlich für die Gruppenhaltung geeignet – unabhängig von Alter, Rasse, Geschlecht oder Nutzung.

Gruppenhaltung sollte immer angestrebt werden, wenn es möglich ist.

Voraussetzung: gut qualifiziertes Personal, das Pferdeverhalten beurteilen kann, und ein fachgerecht gestaltetes Haltungsmanagement.

Gruppenhaltung unterscheidet sich von natürlichen Bedingungen durch:

  • Weniger Ausweichmöglichkeiten
  • Begrenzten Platz

Ziel: Alle Pferde in der Gruppe müssen ihre Grundbedürfnisse stressfrei erfüllen können.

Wichtige Voraussetzungen für gelingende Gruppenhaltung

  • Neue Pferde schrittweise eingliedern
  • Möglichkeit, einzelne Pferde oder Untergruppen zeitweise zu separieren
  • Regelmäßige Beobachtung von Rangveränderungen und Tierwohl
  • Nicht integrierbare Pferde herausnehmen, um Stress oder Verletzungen zu vermeiden
  • Richt- und Funktionsmaße einhalten (z. B. Platzbedarf, Tränkeplätze – siehe Abschnitt 4)
  • Keine Sackgassen oder spitze Winkel in den Bewegungsbereichen (Unfallgefahr!)
  • Pferde in Gruppenhaltung sollten in der Regel hinten unbeschlagen sein
    → Ausnahmen sind möglich, wenn die Gruppe stabil und die Fläche groß genug ist

Zwei zentrale Merkmale guter Gruppenhaltung

  1. Funktionsbereiche klar gegliedert
    → getrennte Bereiche für Fressen, Ruhen, Laufen etc.
  2. Ausreichender Auslauf
    → Pferde brauchen ausreichend Platz zur freien Bewegung
Gliederung in Funktionsbereiche

Im Gegensatz zum Einraumlaufstall ist der Mehrraumlaufstall in Funktionsbereiche gegliedert:

  • Fressbereich
  • Liegebereich
  • Laufbereich

Diese Trennung entspricht dem natürlichen Verhalten von Pferden und

  • fördert Bewegung
  • reduziert Konflikte
  • schützt rangniedere Tiere vor Benachteiligung

Der Fressbereich sollte räumlich vom Liegebereich getrennt sein (z. B. durch Lage am anderen Ende des Auslaufs).

Der Auslauf sollte in die Gliederung integriert sein – also Teil der Raumstruktur, nicht einfach außen vorgelagert.

Strukturen innerhalb der Bereiche (z. B. Rundläufe, Holzstämme, Bäume) erhöhen Bewegungsanreize und Orientierung.

Unstrukturierte Einraumlaufställe (geschlossen oder offen) eignen sich nur bei stabilem Pferdebestand und seltenem Wechsel.

Mehrraumlaufställe erfordern gutes Management und eignen sich nicht für häufig wechselnde Gruppen.

Für alle Varianten gilt: Nur bei guter Kenntnis der Gruppendynamik und angepasstem Stallmanagement sinnvoll.

In der folgenden Darstellung siehst du Beispiele für strukturierte und unstrukturierte Gruppenlaufställe mit ihren Vor- und Nachteilen.

Abbildung 2: Einraum-Innenlaufstall (links) und Einraum-Außenlaufstall (rechts).
Auslauf

Ein Offenlaufstall ist ein Stall mit dauerhaft zugänglichem Auslauf.

Durch den Auslauf besteht immer eine gewisse räumliche Gliederung (z. B. Trennung von Ruhe- und Fressbereich).

Der Fressbereich kann innerhalb oder außerhalb des Stalls liegen.

Pferde profitieren von:

  • Mehr Bewegung
  • Sozialkontakten
  • Frischer Luft und Klimareizen

Das fördert Gesundheit, Ausgeglichenheit und arttypisches Verhalten.

Jeder Stallbereich, der für Pferde zugänglich ist, muss:

  • Entweder mindestens zwei Zu-/Ausgänge haben
  • Oder über eine offene Frontseite verfügen
    → das dient der Unfallvermeidung und dem konfliktfreien Ausweichen

Die folgenden Beispiele zeigen Offenlaufställe mit typischer Raumaufteilung und zeigen, wie die permanente Anbindung an den Auslauf umgesetzt werden kann.

Abbildung 3: Einraum- (links) und Mehrraum-Außenlaufstall jeweils mit Auslauf (rechts).

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