Physiological and behavioral responses of horses during police training, 12-2012

- Normale Polizeiarbeit ist meist wenig stressig
- Erfahrung macht kaum einen Unterschied – Erfahrene und unerfahrene Pferde reagierten ähnlich; entscheidender sind Temperament und Grundausbildung.
- Herzfrequenzmessung deckt „verdeckten Stress“ auf
Polizeipferde müssen im Einsatz viel aushalten: Menschenmengen, laute Geräusche, ungewohnte Objekte. Aber wie sehr stresst das die Tiere wirklich?
Ein Forscherteam der Universität Utrecht hat das genauer untersucht – und dabei überraschend entspannte Ergebnisse gefunden.
Wer hat mitgemacht?
Getestet wurden zwölf Warmblutpferde aus dem Bestand der niederländischen Polizei:
- 6 erfahrene Pferde mit 19 bis 120 Monaten Einsatzzeit
- 6 unerfahrene Pferde mit weniger als einem Monat Erfahrung
Alle waren ursprünglich privat gehaltene Sportpferde und vor ihrem Polizeidienst auf A- bis L-Niveau geritten.
Die Pferde wurden von zwei erfahrenen Polizeireitern geritten, die gleich groß und schwer waren und beide mehr als 10 Jahre Berufserfahrung hatten.
Untergebracht waren alle in Einzelboxen mit Stroheinstreu, sie hatten ständig Wasser, Heu und Kraftfutter nach Bedarf.
Was wurde getestet?
Die Forscher wählten vier Tests, um die Reaktionen der Pferde zu prüfen:
- Hallentest (Dauer: ~2 Minuten):
In einer Reithalle standen vier ungewöhnliche Hindernisse:- ein roter Ball (1 m Durchmesser)
- zwei farbige Sonnenschirme
- eine Matratze auf dem Boden
- ein enger Durchgang mit wehenden Fahnen
- Außentrack-Test (Dauer: ~10 Minuten):
Auf dem Polizeigelände, mit zehn typischen Polizeieinsatz-Hindernissen (z. B. Silos, Styroporkühe, Heuballen, enge Passagen, trockener Graben, Gitterabdeckung) - Stadttrack-Test (Dauer: ~45 Minuten):
Eine 4,2 km lange Strecke durch die Stadt, mit zehn verschiedenen Hindernissen (z. B. enge Passagen, Baustellen, bunte Zäune, Supermarktparkplatz) - Nebelmaschinentest (Dauer: ~2 Minuten):
Auf dem Polizeigelände, mit einer Nebelmaschine, die in 20 m Entfernung eingeschaltet wurde (10 Sekunden Rauch).
Die letzten drei Tests sind seit über 10 Jahren Teil der niederländischen Polizeipferde-Auswahl. Der Hallentest wurde extra eingeführt, um die Reaktionen in einer kontrollierten, ungewohnten Umgebung zu messen.
So lief der Versuch ab
Die Tests wurden in drei Runden wiederholt – in Woche 1, Woche 3 und Woche 7 – jeweils an drei aufeinanderfolgenden Tagen:
- Tag 1: Ruhe-Herzfrequenz messen in der Box und im Schritt in einer bekannten Halle
- Tag 2: Vormittags Hallentest, nachmittags Außentrack
- Tag 3: Vormittags Stadttrack, nachmittags Nebelmaschinentest
Während der Tests gingen die Reiter so vor:
- Pferde durften neue Objekte in Ruhe betrachten und beschnuppern
- Zeigte ein Pferd Angst, wartete der Reiter ab
- Erst nach 2 Minuten kamen sanfte Hilfen zum Einsatz
- Weigerte sich das Pferd weiterhin, wurde es am Hindernis vorbeigeführt
Was wurde gemessen?
Die Forscher kombinierten physiologische und verhaltensbezogene Messungen:
- Herzfrequenz (HF) – Schläge pro Minute
- Herzfrequenzvariabilität (HFV) – misst, wie stark das Herz in den Abständen zwischen den Schlägen variiert (ein Indikator für Stress)
- Verhaltensscore (VS) – von 0 (völlig entspannt) bis 5 (sehr ängstlich, Flucht)
- Polizeileistungsscore (PPS) – 0 = bestanden, 1 = nicht bestanden
Das kam heraus
- Höchster Puls: Nebelmaschine (Ø 107) und Hallentest (Ø 98)
- Niedrigster Puls: Außentrack (Ø 80) und Stadttrack (Ø 81) – vergleichbar mit gemütlichem Schritt-Reiten
- Verhalten: Alle Pferde reagierten nur mäßig – meist gespitzte Ohren oder leicht verkürzte Schritte, kaum Fluchtverhalten
- Erfahrung spielte keine große Rolle: Erfahrene und unerfahrene Pferde reagierten ähnlich
- Keine Gewöhnung: Auch nach 7 Wochen reagierten die Pferde ähnlich wie zu Beginn
- Verborgener Stress: Manche „ruhig“ wirkende Pferde hatten einen deutlich höheren Puls
Was bedeutet das?
- Normale Polizeiarbeit (wie der Außentrack und der Stadttrack) ist für die meisten Pferde nicht besonders stressig
- Ungewöhnliche Situationen (Halle, Nebelmaschine) sind besser geeignet, um Unterschiede zwischen Pferden sichtbar zu machen
- Herzfrequenzmessungen können helfen, unsichtbaren Stress zu erkennen, der im Verhalten nicht auffällt
Fazit für Pferdefreunde
Polizeipferde in dieser Studie kamen erstaunlich gut mit den Herausforderungen klar. Selbst junge, unerfahrene Tiere zeigten keine extremen Stressreaktionen.
Entscheidend scheint nicht die Einsatzzeit zu sein, sondern das Grundtemperament und die Ausbildung.
Und: Auch wenn ein Pferd äußerlich cool wirkt, kann ein Blick auf die Herzfrequenz zeigen, wie es wirklich innerlich aussieht.
C.C.B.M. Munsters, E.K. Visser, J. van den Broek, M.M. Sloet van Oldruitenborgh-Oosterbaan,
Physiological and behavioral responses of horses during police training,
Animal, Volume 7, Issue 5, 2013, Pages 822-827, ISSN 1751-7311,
https://doi.org/10.1017/S1751731112002327.
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1751731112002327?via%3Dihub
